Dienstag, 26.09.2023

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Partnerschule Gumyoko School in Ghana

Seit dem Früh-Sommer 2012 haben wir über Frau Brodbeck, eine der Initiatorinnen des Projekts, Kontakt zur Gumyoko-Montessori-School bekommen. Das Schulprojekt fand im Kollegium, der Elternpflegschaft und im Förderverein großen Zuspruch.

So wurde beschlossen, mit einem Teil des Gesamterlöses vom Sponsorenlauf 2012 die Schule zu unterstützen.

Die Freude und der Dank auf Seiten der Schule in Ghana war sehr groß und es folgte bald eine Besuchseinladung durch Herrn Eric Ghuma. Einige KollegInnen denken bereits über einen Besuch in Ghana nach.

Derzeit arbeiten wir jedoch daran, den Kontakt zur Gumyoko-Schule weiter auszubauen, einen regen Mail-Verkehr auch zwischen den Kindern im Englisch-Unterricht anzubahnen und mehr über die Schule und das Leben in Ghana unseren Kindern nahe zu bringen.

Resierbericht Gumyoko

Reisebericht Gumyoko School, Ghana im Oktober 2019

Während meiner Ghanareise vom 12.10.2019 bis zum 01.11.2019 habe ich die Möglichkeit genutzt, die Gumyoko School für 5 Tage zu besuchen. Richard Gumah (Lehrer an der Gumyoko-School) organisierte die Reise von Tamale über Bolgatanga nach Bawku bzw. Gumyoko und hat mich die meist Zeit über sehr fürsorglich, aufmerksam und hilfsbereit begleitet.

Untergebracht war ich im Guesthouse des Presbyterian Hospital in Bawku. Außerdem war ich täglich Gast bei der Familie von Richard Gumah und seiner Frau Camila.
Ich habe auf meiner Reise und speziell während meiner Zeit in Bawku/Gumyoko sehr viele unglaublich freundliche und nette Menschen kennengelernt. Man hat mich überall sehr herzlich und gastfreundlich aufgenommen. Ich habe das sehr zu schätzen gewusst und genossen. Vor allem Richard und seine Familie haben mich in jeder Hinsicht wunderbar betreut.

Während meiner Zeit im Norden Ghanas habe ich einen intensiven Einblick in die Schule bekommen, mit vielen Lehrerinnen und Lehrern sprechen können, die ElternvertreterInnen kennengelernt und vor allem auch mit den Kindern in der Freiarbeit arbeiten können.

Ich war positiv überrascht, dass doch einige wirklich gute Montessori-Materialien in den Montessoriklassen vorhanden sind und auch in der Freiarbeitszeit, die tatsächlich regelmäßig täglich von 8 Uhr bis 10 Uhr stattfindet, zum Einsatz kommen. Es war eine Freude zu sehen, wie konzentriert und motiviert die Kinder zum allergrößten Teil mit den Materialien arbeiten. Sehr positiv habe ich auch erlebt, dass die MontessorilehrerInnen durchaus sehr kompetent mit den Materialien umgehen und diese einführen können. Ich hatte zwei große Koffer mit gebrauchten, aber fehlerfreien Montessori-Materialien mitgebracht. Die allermeisten Materialien waren den MontessorikollegInnen bekannt und sie konnten diese direkt im Unterricht einsetzen. Sie haben auch alle sehr motiviert und interessiert an einem Workshop teilgenommen, den wir spontan an meinem zweiten Tag in der Schule für die KollegInnen durchgeführt haben. Es hat großen Spaß gemacht, mit den LehrerInnen und der Schulleiterin Beatrice Dahalami zusammenzuarbeiten.


Gleichwohl wurden die großen Probleme der Schule sehr schnell deutlich:
Klassengrößen von bis zu 80 Kinder sind viel zu groß und überfordern die LehrerInnen bei ihrer Arbeit (auch wenn sie noch so motiviert und gut ausgebildet sind)
Es mangelt in den Montessoriklassen an Material, Möglichkeiten der Ordnung und Bereitstellung der Materialien für den selbsttätigen Umgang mit ihnen.

Es gibt in manchen Klassen nicht einmal genügen Tische und Bänke oder Stühle für alle Kinder (das hat natürlich auch mit der viel zu großen Klassengröße zu tun).
Der „normale“ Unterricht ist wirklich nach allen Maßstäben der modernen Pädagogik völlig „unterirdisch“. Ich habe selten so schlechten und völlig uneffektiven Unterricht erlebt. Dies ist natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass es außer der Tafel und Kreide so gut wie keine Unterrichtsmaterialien gibt.

Die Haltung der LehrerInnen den Kindern und ihrem Lernen gegenüber ist nach montessorischen Maßstäben „ausbaufähig“. Dies ist sicherlich einer afrikanischen Kultur geschuldet, aber auch der Notwendigkeit in viel zu großen Klassen ohne ordentliches Unterrichtsmaterial (außerhalb der Freiarbeit) irgendwie das zu unterrichten, was das (sehr einengende) Curriculum vorsieht. Diese Unterrichtszeit steht wirklich in krassem Gegensatz zur Freiarbeit nach Montessori und bringt die Lehrkräfte in einen täglichen inneren Konflikt.

Die Kinder kommen tatsächlich überwiegend hungrig und ohne weiteres Essen in die Schule und sind auf die Schulverpflegung dringend angewiesen. Von den LehrerInnen wurde mir mehrfach glaubhaft versichert, dass ein Unterrichten bis 14 Uhr oder auch länger nicht möglich ist, wenn es nicht die sichere Schulverpflegung gibt.

Besonders gefallen hat mir das Engagement der Parents-Teacher-Association (PTA), die sehr aktiv ist, voll hinter der Montessoripädagogik zu stehen scheint und derzeit aktiv damit beschäftigt ist ein weiteres Schulgebäude zu bauen. Ich konnte mich davon überzeugen, dass hier fast täglich gebaut wird (solange Geldmittel für Baumaterial zur Verfügung steht). Auch die (älteren) Kinder haben an einem Tag einen Beitrag zum Schulneubau beigetragen, in dem sie eine halbe Stunde lang gemeinsam Sand herbei getragen und diesen in das Fundament des neuen Gebäudes gekippt haben. Eine wichtige Sache für die positive Identifikation der Kinder und Jugendlichen mit der Schule.
Nach vier sehr schönen, erlebnisreichen und sehr kommunikativen Schultagen musste ich mich leider wieder verabschieden. Ich konnte an diesem letzten Tag Zeuge der wöchentlichen Freitagsversammlung der Größen werden, in der die Kinder und Jugendlichen die Gelegenheit haben, sich zu präsentieren mit Liedern, Texten, Schauspiel etc. Das war ein wunderbares Erlebnis. Hier wird sehr deutlich, dass trotz aller Einschränkungen und Begrenzungen eine sehr lebhaft Schulgemeinde in Gumyoko lebt, in der wertschätzender Umgang miteinander gepflegt wird und gegenseitiger Respekt und Akzeptanz selbstverständlich ist.

Ich wurde im Rahmen eines feierlichen Zusammenkommens der ganzen Schulgemeinde mit einigen Reden, Gebeten, Tänzen und einem Theaterstück verabschiedet. Das war sehr anrührend und herzlich. Es ist mir sehr schwer gefallen Abschied zu nehmen und sicher, dass ich sehr gerne und hoffentlich bald wieder einen Besuch in Gumyoko machen möchte.
Zum Schluss möchte ich gerne einige Gedanken für die weitere Zukunft formulieren:
Die Gumyoko School ist nach wie vor angewiesen auf finanzielle wie auch ideelle Hilfe von außen. Die Spendenaktivität der letzten Jahre ist absolut notwendig, um die Schule in ihrer einmaligen und wunderbaren Art aufrecht zu halten.

Insbesondere das Schulessen muss weiter finanziert werden.
Da die Schulleiterin der Grundschule in einem Jahr in den Ruhestand geht und auch Eric Gumah bis auf weiteres nicht in der Schule aktiv sein wird, ist es eine große Herausforderung für die nähere Zukunft, Leitungspersonal an die Schule zu bekommen, die selber Ahnung von der Montessoripädagogik hat und diese an der Schule lebendig halten kann. Längerfristig gesehen wäre es sehr wünschenswert, wenn die Montessoripädagogik auch in der weiterführenden Schule (Junior High School) fortgeführt würde. Hier scheint es einige aufgeschlossene LehrerInnen zu geben, die dies gerne in Angriff nehmen würden.

In naher Zukunft muss daran gearbeitet werden, dass die Klassengrößen auf ein erträgliches Maß (25 bis 30 Kinder) reduziert werden. Dafür müssten sicherlich auch neue Schulgebäude und vor allem auch weitere Lehrkräfte eingestellt werden.
Diese müssten dann auch montessorisch geschult werden. Hier tut sich eine sehr große und gleichwohl sehr wichtige Aufgabe auf.

In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, inwieweit das Montessori-Institut in Accra eine gute Ausbildungsstelle sein kann und hier eventuell eine intensivere Zusammenarbeit und feste Fortbildungskooperation möglich ist. Überhaupt sind nicht nur die Grundausbildung sondern auch die kontinuierliche Weiter- und Fortbildung der vorhandenen Lehrkräfte wichtig, um die Qualität des Unterrichts aufrecht zu halten und zu steigern. Die ist in jedem Fall mit zusätzlichen finanziellen Mitteln verbunden.

Ein langes Gespräch mit den zuständigen Verantwortlichen in der regionalen Schulbehörde machte deutlich, dass hier der Erfolg der Schule (statistisch überdurchschnittlich gute Abschlüsse) gesehen wird. Man ist daran interessiert die Schule zu fördern. Auch eine engere Kooperation mit z.B. der Münsterschule, Bonn wird dort sehr positiv gesehen und unterstützt. Gleichwohl gibt es in der Region einen eklatanten LehrerInnenmangel, so dass die Praxis oft weniger unterstützend aussieht (z.B. Versetzung von gerade gut ausgebildeten MontessorilehrerInnen).
Ich werde als Schulleiter der Münsterschule, Bonn die Kooperation mit der Gumyoko School weiter fortführen und vertiefen. Wir werden die Briefkontakte der Kinder
weiterführen und eventuell intensivieren. Weiterhin werden wir einen Teil des Erlöses unseres jährlichen Sponsorenlaufs an die Gumyoko School weitergeben. Im Sommer 2020 haben wir einen Gegenbesuch von zwei Lehrkräften der Gumyoko School an die Münsterschule geplant. Der Förderverein der Münsterschule hat sich bereit erklärt die Kosten für Flüge und Taschengeld in Deutschland zu übernehmen. Die Unterbringung erfolgt privat bei KollegInnen der Münsterschule. Wir erhoffen uns hiervon zum einen eine nachhaltigen Fortbildungseffekt der KollegInnen aus Ghana durch eine mehrwöchige kontinuierliche Mitarbeit im Unterricht (Freiarbeit) in der Münsterschule, zum anderen eine Bereicherung unseres Unterrichts und der Schulkultur für unsere Kinder durch den Besuch aus Ghana. Dieser Gegenbesuch wurde auch vor Ort schon (unter Vorbehalt) ins Auge gefasst und besprochen. Mr. Baba Isaac hat mit mir darüber diskutiert und befürwortet den Austausch. Zwei KollegInnen der Schule wurden bereits als TeilnehmerInnen vorgeschlagen.
Ein nächste Ghanareise von mir nach Gumyoko wird sicherlich in den nächsten Jahren stattfinden.

Clauspeter Wollenweber, Schulleiter (November 2019)